Pinnenpilot

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Bingum12
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Pinnenpilot

Beitrag von Bingum12 » Sa 27. Jun 2020, 16:30

Neptun 22 / Miglitsch

Pinnenpilot

Moin,

ich spiele mit dem Gedanken, mir einen Pinnenpiloten zu kaufen.

Gerne hätte ich gewusst, wie so ein Ding überhaupt funktioniert.

Ist das schwierig, so einen Pinnenpiloten zu installieren?

Auch hätte ich gerne gewusst, welcher Pinnenpilot denn zu empfehlen ist.

Vielleicht hat einer Erfahrung oder vielleicht einen gebrauchten?

Stefan
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THM
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von THM » Sa 27. Jun 2020, 18:44

Bingum12 hat geschrieben: Sa 27. Jun 2020, 16:30 Gerne hätte ich gewusst, wie so ein Ding überhaupt funktioniert.
Ist das schwierig, so einen Pinnenpiloten zu installieren?
Der Pinnenpilot hat einen eingebauten elektronischen Kompass (Fluxgate) und versucht, den eingegebenen Kurs zu halten. Dazu wird per Schubstange, die mit der Pinne verbunden wird, jede Kursabweichung korrigiert. So weit die Theorie, in der Praxis sollte ein "Rudergänger" etwas intelligenter sein und Wellenbewegungen tolerieren, damit er sich nicht überanstrengt. Pinnenpiloten tolerieren daher einen gewissen Gierwinkel, sind allerdings verhältnismäßig langsam in der Korrektur und haben durch den beschränkten Schubstangenhub auch nur einen kleinen Anstellwinkel der Pinne. Daher kann es bei bestimmten Verhältnissen (meist Welle schräg von achtern) zum Aufschaukeln und zum Kursverlust kommen. Durch Anschluss an einen Plotter können die Pinnenpiloten auch Zielpunkte eines Tracks ansteuern, ggf. ist darauf zu achten, dass dann die Geräte kompatibel sind bzw. man bleibt gleich bei einem Hersteller.

Die Installation ist überschaubar: Es sollte im Cockpit eine elektrische Anschlussdose (12 V, Steuerleitungen für Plotter) montiert werden, ein Widerlager auf dem Süllrand und ein Pin auf der Pinne. Die Schubstange wird bei Bedarf auf den Pin geclipst. Die entsprechenden Maße bzw. Abstände sind in der Bedienungsanleitung angegeben. Es gibt zusätzlich Verlängerungen für die Schubstange und Haltewinkel für die Pinne zu kaufen, falls die vorgegebenen Maße ansonsten nicht einzuhalten sind. Als Beispiel hier das Handbuch zum ST1000 Plus.
Bingum12 hat geschrieben: Sa 27. Jun 2020, 16:30 Auch hätte ich gerne gewusst, welcher Pinnenpilot denn zu empfehlen ist.
Ich habe mir vor zwei Jahren den RAYMARINE ST1000 Plus gegönnt und bin damit zufrieden. Nach einer kurzen Lernphase, weiß man, was der Pinnenpilot leisten kann. Bei kritischen Wind- und Wellenverhältnissen traue ich ihm nicht, andererseits bietet er mir die Möglichkeit als Einhandsegler in Ruhe auf dem Vorschiff zu arbeiten. Daneben gibt es den SIMRAD TP10, damit habe ich keine Erfahrung. Beide Hersteller bieten auch stärkere Varianten an, die aber für eine N22 wohl überdimensioniert sind. Vergleichsberichte dazu gibt es genügend im Web.
Bingum12 hat geschrieben: Sa 27. Jun 2020, 16:30 Vielleicht hat einer Erfahrung oder vielleicht einen gebrauchten?
Ich halte den Pinnenpiloten für ein Verschleißteil und würde eher ein Neugerät empfehlen. Als versierter Bastler kann man ein Gebrauchtgerät natürlich überholen. Ersatzteile (Schrittmotoren, Schubstangenmechanik) lassen sich im Internet beziehen.

Gruß
Thomas
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von jan himp » So 28. Jun 2020, 11:56

Gelegentlich kommt es zu einer Beeinflussung durch die laufenden Benzinaussenborder.
In diesen Fällen stören die umlaufenden Magnete an der Schwungscheibe den Flux-Gate, oder es kommt zu Beeinflussung des Bordnetzes durch die Spannungsimpulse vor der Gleichrichtung oder durch Direkteinstrahlung von der Hochspannung in die Elektronik.

Der Pinnenpilot ist tatsächlich ein Verschleissartikel.
Meinen habe ich 3 mal repariert. Die Schäden treten nie an der Elektronik auf.

Gerhard-auf-See hat auch seine Erfahrung beschrieben.
Radpiloten sind dagegen langlebig und können meist mit Bordmitteln repariert werden.


Gruß,

Rolf
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von Stöhrdebäcker » Mi 1. Jul 2020, 09:47

Servus Bingum,
meine Erfahrungen beschränken sich auf einen uralten Autohelm Pinnenpiloten. Unter Motorbetrieb hatte er sehr mit dem nervösen, vorbalancierten Spatenruder meiner Neptun 23 zu kämpfen und hat dann auch - wie ich meine vorzeitig - den Dienst quittiert.
Nun bin ich dennoch überzeugt, dass ich wieder einen Pinnenpiloten brauche. Da mein Schachtmotor vor dem Ruder sitzt, kommen da doch erhebliche Anströmkräfte auf die Pinne. Deshalb überlege ich, gleich eine Nummer größer zu kaufen, obwohl selbst die kleinen für Bootsgrößen bis 10m angepriesen werden.
Gruß
Meinrad
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von Kaie » Mi 1. Jul 2020, 13:06

Bingum12 hat geschrieben: Sa 27. Jun 2020, 16:30
Gerne hätte ich gewusst, wie so ein Ding überhaupt funktioniert.

Ist das schwierig, so einen Pinnenpiloten zu installieren?

Auch hätte ich gerne gewusst, welcher Pinnenpilot denn zu empfehlen ist.

Vielleicht hat einer Erfahrung oder vielleicht einen gebrauchten?

Stefan
Moin Stefan,

so ein Ding stellt man per Drehknopf oder Tastendruck auf den gewünschten Kurs ein und es versucht - je nach Ausführung mehr oder minder gut - den eingestellten Kompasskurs unter allen Bedingungen zu halten.
Grundsätzlich müssen die Segel sehr gut getrimmt sein, sonst werden mechanische Belastung und damit Stromverbrauch zu hoch.

Die üblichen Verdächtigen ST1000 & TP 10 steuern lediglich nach eingebautem Fluxgatekompass und ignorieren Krängung und/oder Gieren/Rollen des Bootes meines Wissens komplett. Zu Beachten ist unbedingt ein gewisser Abstand (mind. 1 Meter) zu irgendwelchen Eisenteilen oder Zündspulen oder Ankern von E-Motoren.
[Edit: wenn Kabel für E-Motoren in der Nähe verlaufen, kann man beide Kabel bündeln und auf ganzer Länge verdrillen, das vermindert den mag. Einfluss auf den Flux deutlichst]
Meines Erachtens gut für Motorfahrten und unter Segel bis mittleren Winden ohne nenneswerte Welle zu gebrauchen.

Die nächst grösseren ST2000 & TP 22/32 können schon in ein Netzwerk eingebunden werden und mit entsprechend vorhandenen Sensoren auch Krängung/Gieren/Rollen auswerten, dementsprechend die Pinne bedienen und sogar nach Windrichtung steuern, falls auch diese Daten ins Netzwerk übertragen werden. Das funktioniert ebenso als Wegpunktsteuereung mit angeschlossenem Plotter.
Auch hier wieder den Abstand zu magnetisch ablenkenden Teilen beachten, es sei denn ein Master-Fluxgate irgendwo im falls vorhandenen Netzwerk übernimmt diesen Part.
Alle STs und TPs sind nicht dauerhaft wasserdicht... einen kurzen Regenschauer können die ab, sollten unbedingt aber so trocken wie möglich gehalten werden.

AP-Systeme wie EV-100/200/300 und vergleichbare haben Stellmotor, Kurscomputer und Fluxgate/Sensoren in verschiedenen Gehäusen, soll heissen, dass die einzelnen elektronischen Komponenten irgendwo im Boot an einem passenden Platz untergebracht werden können. Die durchaus stärkeren Stellmotoren sind zudem wasserdicht und können viel schneller reagieren als STs und TPs.
Eingebaute Sensoren für Kompasswerte, Rollen, Gieren und Krängung (Gyroskop und Beschleunigungssensor) sind in einem kleinen Gehäuse eingebaut, das irgendwo auf oder in der Nähe der Mittschiffslinie montiert werden kann.
Ich habe im Moment einen EV-100 auf der Neptun 25 und das Teil funktioniert ohne Netzwerk überraschend sehr gut und ich mache mir damit sogar bei viel Wind und Welle auf allen Kursen (ausser VW-Kurs _ohne Windsensor_) keine Sorgen.
Mit vorhandenem Netzwerk kann wieder per Wegpunkt oder Wind gesteuert werden.

Die Königsklasse wäre der NKE Gyropilot... aber für unsere Boote wäre das mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Allerdings kann das Teil besser steuern als jeder (!) erfahrene Segler.

Alle Pinnenpiloten kann man mit ein wenig handwerklichem Geschick mit mehr oder weniger Aufwand selbst einbauen, das ist wirklich kein Hexenwerk... ebenso die hydraulischen Dinger (aber auch hier: die brauchen wir natürlich nicht).

Ich kenne alle genannten Piloten ausser dem TP 32, zusätzlich kenne ich die alten Raytheon ST4000+ und ST6000 Pinnen-/Radpiloten, die waren früher schon gut!

Welchen Du brauchst, Stefan, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber hiermit hast Du ein paar gute Argumente zur Hand.

Grüsserei,
Kai
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von THM » Mi 1. Jul 2020, 20:27

Kaie hat geschrieben: Mi 1. Jul 2020, 13:06 Die üblichen Verdächtigen ST1000 & TP 10 steuern lediglich nach eingebautem Fluxgatekompass und ignorieren Krängung und/oder Gieren/Rollen des Bootes meines Wissens komplett.
Hallo Kai,
für den ST1000 Plus gilt das zumindest nicht (mehr). Der hat einen Anschluss an den SeaTalk-BUS von RAYMARINE und kann auch NMEA0183. Damit kann ein Track nachgefahren werden oder alternativ sogar eine Windfahnensteuerung verwendet werden. Die entsprechenden Daten müssen auf dem BUS natürlich zur Verfügung stehen. In dem Manual, welches ich oben in meinem vorherigen Beitrag verlinkt habe, ist das beschrieben. In Verbindung mit dem Selbstbau-Plotter auf Raspi-Basis habe ich das schon ausprobiert und es funktioniert technisch. Praktisch nutze ich das kaum, da mich der Pinnenpilot nur dann am Ruder ablöst, wenn ich auf dem Vorschiff arbeiten will oder ein dringendes anderes Geschäft :tone: ansteht, und dann reicht der Fluxgate vollkommen aus.

Gruß
Thomas
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Re: Pinnenpilot, att. Meinrad

Beitrag von jan himp » Do 2. Jul 2020, 10:04

Hallo Meinrad,

nimm lieber den größeren.

Das Problem ist nicht die Last selbst, sondern das ständige Reversieren mit den entsprechenden Lastwechseln.
Bei meinem ST 1000 hat sogar mal das kleine Ritzel auf der Motorwelle die Traktion verloren.
Wie das repariert wird, bei Bedarf via PN.

Wenn Du das Gerät mal von innen gesehen hast, wunderst Du Dich, daß es überhaupt länger als eine Woche funktioniert.
Defekte in der Elektronik sind wahrscheinlich selten, wenn Kondenswasser vermieden wird.
Bedenklich ist die Erwärmung des Gehäuses bei direkter Sonneneinstrahlung. Ich habe immer mit einem Tuch abgedeckt.

Gruß,

Rolf
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Re: Pinnenpilot

Beitrag von Stöhrdebäcker » So 5. Jul 2020, 21:36

Hallo Rolf,
danke für die Entscheidungshilfe. Ich werde zum größeren greifen - auch wennˋs teurer wird.
Gruß
Meinrad
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