Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

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Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von outdoor » Mo 27. Sep 2021, 09:07

Moin

wie wir alle gelernt haben, ist der Skipper für die Sicherheit und Einhaltung der nautischen Regelungen an Bord verantwortlich.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich hieraus für den Freizeitskipper? Wie weit geht diese Verantwortung, insbesondere im Bezug auf seerechtliche und zivilrechtliche Ansprüche gegenüber den Crewmitgliedern im Schadensfall ? Leider beantworten die verschiedene Foren dieses Thema (zumindest für mich) nicht abschliessend.

Macht es z.B. einen rechtlichen Unterschied, ob die Crewmitglieder einen Segelschein und damit (mehr oder weniger) Segelerfahrung haben oder ob es reine „Mitsegler“ sind? Es ist auch teilweise in den Foren zu lesen, dass man sich als Skipper per schriftlichen Erklärung von dieser Verantwortung gegenüber den Crewmitgliedern befreien kann (da habe ich persönlich meine Zweifel). Habt ihr da Erfahrungen oder Infos?
Im Verein mal nachgefragt, bekam ich in Kurzfassung die Antwort, für solche Fälle eine Skipperhaftpflicht abzuschliessen.

fair winds
Norbert
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von THM » Mo 27. Sep 2021, 20:11

Hallo Norbert,
die letzte Entscheidung fällt ein Gericht. Im Vorfeld kannst Du Dich aber weitgehend als Skipper schützen indem Du eine Mitseglervereinbarung von allen Crewmitgliedern unterschreiben lässt. Eine Skipperhaftpflicht kostet nicht die Welt und lässt dich ruhiger schlafen. Auf meinen Chartertörns habe ich als Skipper immer beides (Mitseglervereinbarung, Skipperhaftpflicht) dabei gehabt und zum Glück nie gebraucht.

M.E. sind die Vorkenntnisse der Crew irrelevant bzgl. Haftung des Skippers. Die erfolgte Durchführung einer Sicherheitseinweisung (mit Stichpunkten des Inhalts) habe ich mir immer per Unterschrift von der Crew bestätigen lassen.

Gruß
Thomas
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von Apachenpub » Di 28. Sep 2021, 09:18

Moin,

ich hasse ja inhaltsleere Posts (wie den, den ich gerade schreibe). Trotzdem:

Wie Thomas schreibt, fällt die letzte Entscheidung ein Gericht. Viele Begriffe, die eine Haftung begründen, sind dehnbar und Auslegungssache (siehe die gerne angestrengten Prozesse von Bootsversicherungen zum Thema "grobe Fahrlässigkeit"). Und daher glaube ich, wird Dir eine Mitseglervereinbarung am Ende nur selten hundertprozentige Sicherheit geben.
Daher eher praktisch:
- ich finde das Buch "Skippertraining" vom alten Dreyer wirklich gut (obwohl ich den sonst eher nicht so geil finde). Weil es den Prozess der Vorbereitung und Durchführung eines Törns wirklich gut darstellt. Da sind auch entsprechende Formulare drin.
- Ich habe in meiner Bootshaftpflicht bei dem großen Versicherer auch eine Skipperhaftpflicht für gecharterte Boote drin. Wusste ich gar nicht. Müsste man mal die Deckung und die Versicherungsbedingungen vergleichend prüfen.
- Das gute alte Handwerk und die "gute Seemannschaft" helfen Dir eher, ggf. den Sprung von der "groben Fahrlässigkeit" auf die "einfache Fahrlässigkeit" hinzukriegen. Das macht haftungsrechtlich eine ganze Menge. z.B.: Boot vollständig ausstatten für das gewählte Revier, sorgfältige Sicherheitseinweisung, sorgfältige Törnplanung, sorgfältige Wetterbewertung (nur mal die Top 4)

Hoffe, Du brauchst das nie.

cheers

eKKi
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von jan himp » Di 28. Sep 2021, 09:48

Moin,

eine Skipperversicherung sollte vor dem Chartern immer abgeschlossen werden.
Dann ist wenigsten der Materialschaden versichert.

Bei der juristischen Seite ist die Beurteilung seitens fachfremder Richter nach den Erfahrungen in DL
reine Glücksache.
Das hängt von Faktoren ab, beispielsweise: der Richter ist 68er, oder muß um 14,30 auf dem Golfplatz sein.
Anders sieht die Sache bei Großschäden mit Toten aus.
Hier ist das Seefahrtsgericht zuständig. Auch die BSU, die sich schon mit dem Untergang einer Neptun 22
beschäftigen mußte.

Allzeit gute Fahrt,

Rolf
ehem. NEPTUN 20 Nr. 848

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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von outdoor » Di 28. Sep 2021, 10:05

Moin

danke für eure Rückmeldungen.
Ich sehe das auch so, dass eine "Mitgliedervereinbarung" ggf. nicht ausreichend ist.

Vlt. sollte ich etwas weiter ausholen:
ich würde gerne ab kommender Saison Leuten Törns im Wattenmeer und umzu anbieten. Vor allem denke ich die an Leute, die
mehr oder weniger eingeschränkt sind (stehe mit den Segelrebellen in Kontakt). Durch diese Törns sollen diese Leute wieder Kraft
schöpfen für ihren weiteren Weg zurück ins normale Leben.
Aber auch gerne einfach Leuten die ml im Watt segeln wollen.

Das Ganze soll als rein privater Törn laufen, d.h. ausser der allgemeinen Beteiligung an der Bordkasse fallen für die Leute keine Kosten an.

Von gewerblichem Törn weiss ich aus verschiedenen Artikel, dass der Skipper generell für die Einhaltung der "seemännischen Sorgfaltspflichten" verantwortlich ist und entsprechend hierfür auch letztlich gerichtlich belangt werden kann.

kleines Beispiel: es wird am Liegeplatz fest gemacht, hierbei macht einer der Crewmitglieder die Festmacherleine nochmal neu fest und dies aber nicht richtig, nach dem Einkauf an Land will einer der Crewmitglieder mit Einkaufstüten an Bord, durch die veränderte Festmacheleine versetzt das Boot und die Gangway an Bord hat nicht mehr ausreichenden Halt, das Crewmitglied fällt zwischen Boot und Steg ins Wasser und zieht sich dabei Verletzungen zu, es kommt zu Verdienstausfall. das Gericht hat entschieden, dass der Skipper vor Verlassen des Bootes nochmal alle Festmacher hätte prüfen müssen.

Wie sieht sowas aber nun bei einem rein privaten Törn aus? Ihr seht, die Sachverhalte können Komplex sein. Auch sprecht ihr immer Chartertörns an, ich meine ja den ganz normalen Törn mit Freunden und Bekannten.

Habe die Frage auch mal an die palstek-Redaktion geschrieben.
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von outdoor » Di 28. Sep 2021, 10:41

jan himp hat geschrieben: Di 28. Sep 2021, 09:48
Hier ist das Seefahrtsgericht zuständig. Auch die BSU, die sich schon mit dem Untergang einer Neptun 22
beschäftigen mußte.
ja das war der versuchte Weihnachtstörnnach Helgoland von Nordfriesland aus
der ist damals wohl bei "frischem Wind" zwischen den Untiefen mit seinem AB in Schwierigkeiten geraten
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von outdoor » Mi 29. Sep 2021, 09:42

wie zu erwarten gestaltet sich die Antwort komplex
das Thema wurde in der PALSTEK 5/00 behandelt.

grundsätzlich haftet ihr als Skipper gegenüber Dritten (das können Skipper anderer Yachten bei Havarie als auch Crewmitglieder sein)
von dieser könnt ihr euch (zumindest teilweise) durch einen "Hauftungsausschluss" befreien

Leider ist diese Ausgabe vergriffen, habe aber von der Redaktion die Seiten als JPG bekommen

wer Interesse an dem Artikel hat, kann ne PN senden
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Re: Skipper: Verantwortung und rechtliche Konsquenzen

Beitrag von Tommy » So 17. Okt 2021, 08:52

Hallo Norbert,
eine Mitseglervereinbarung ist auf jeden Fall sinnvoll!
Zur Skipperhaftpflicht: Ich habe für meine Neptun22 ( Chiemsee) eine Haftpflichtversicherung bei Wehring u. Wolfes ( ca. 60€/Jahr) abgeschlossen.
Da ist eine Skipperhaftpflicht ( weltweit) gültig auch auf Charterbooten mit dabei! Auch die Kautionsversicherung schließe ich dort ab…
Ansonsten bin ich konservativ und führe ein Logbuch. Ich denke, das man bei Seegerichtsverhandlungen „gute Papiere“ hat, wenn man seine Törns sauber dokumentiert. Das sagt m.E. viel über den Skipper und das Ernstnehmen der Sorgfaltspflicht aus…

VG
Tommy
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